Newsletter zum Arbeitsrecht Juli 2025
1. Freie Bauarbeiter oder doch abhängig beschäftigt?
Immer wieder sind Personen als sogenannte „Werkunternehmer“ für auftraggebende Unternehmen tätig. Sofern jedoch im Kern eine wirtschaftliche Abhängigkeit vorliegt und die Tätigkeit im Wesentlichen für einen einzigen Auftraggeber ausgeübt wird, ist von einer echten Selbstständigkeit nicht auszugehen.
Im vorliegenden Fall arbeiteten Bauarbeiter für ein anderes Bauunternehmen zu einem festen Stundenlohn, ohne selbst am Markt unternehmerisch aufzutreten. Das Hessische Landessozialgericht erkannte trotz der vertraglichen Bezeichnung als „Selbstständige“ eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung – mit den entsprechenden Abgabepflichten, vgl. Hessisches LSG, Urt. v. 20.02.2025 – L 8 BA 4/22 und L 8 BA 64/21.
- Matrixstruktur führt zur mehrfachen Wahlmöglichkeit eines Betriebsrates?
In der modernen Arbeitswelt bestehen auch Konstruktionen wie sogenannte Matrixstrukturen. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass Mitarbeitende mehreren betrieblichen Einheiten zugeordnet sind – teils auch Führungskräfte.
In solchen Fällen hat die betroffene Arbeitnehmerseite in allen zugeordneten Betrieben aktives Wahlrecht bei der Wahl des jeweiligen Betriebsrats, vgl. BAG, Beschl. v. 22.05.2025 – 7 ABR 28/24.
- Google-Recherche vor Bewerbungsgespräch führt zur Entschädigung?
Ein Bewerber hatte sich auf eine ausgeschriebene Stelle beworben und wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Im Vorfeld hatte der Arbeitgeber den Namen des Bewerbers gegoogelt. Dabei stieß er auf ein nicht rechtskräftig abgeschlossenes Strafverfahren. Diese Information wurde im Gespräch nicht offengelegt.
Der Bewerber machte daraufhin einen Entschädigungsanspruch geltend – zu Recht. Das Gericht sprach ihm eine Entschädigung in Höhe von 1.000 Euro nach den Regelungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu, vgl. BAG, Urt. v. 05.06.2025 – 8 AZR 117/24.
- Probezeit bestanden – und trotzdem gekündigt?
Der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz greift erst nach sechs Monaten Beschäftigung – unabhängig von einer etwa vereinbarten Probezeit.
In diesem Fall gratulierte der Arbeitgeber der Arbeitnehmerseite noch zum „Bestehen der Probezeit“, sprach jedoch wenige Tage später die Kündigung aus – allerdings noch vor Ablauf der sechsmonatigen Wartefrist. Das Kündigungsschutzgesetz fand damit keine Anwendung.
Das Gericht beurteilte die Kündigung jedoch als treuwidrig und somit nach § 242 BGB als unwirksam – insbesondere wegen der widersprüchlichen Kommunikation des Arbeitgebers, vgl. LAG Düsseldorf, Urt. v. 14.01.2025 – 3 SLa 317/24.
- Krankmeldung führt zur Kündigung?
Eine etwa vorgeschobene Arbeitsunfähigkeit ohne medizinisch nachgewiesene Grundlage, mit der sich die Arbeitnehmerseite der Arbeitspflicht entziehen will, kann eine Kündigung rechtfertigen.
Was ist aber, wenn von Arbeitgeberseite auf eine ordnungsgemäße Krankmeldung mit einer Kündigung reagiert wird? Im entschiedenen Fall kündigte der Arbeitgeber nach einer Krankmeldung der Arbeitnehmerseite. Allein eine Krankmeldung stellt für sich genommen keinen Kündigungsgrund dar, auch kann eine solche Kündigung gegen das Maßregelungsverbot gemäß § 612a BGB verstoßen. Hierauf kommt es jedoch dann nicht an, wenn die Kündigung zusätzlich auf andere Gründe gestützt wird, vgl. Hessisches LAG, Urt. v. 28.03.2025 – 10 SLa 916/24.
Fachanwalt Sven Rasehorn berät in allen arbeitsrechtlichen Fragen und vertritt in allen arbeitsgerichtlichen Instanzen mit Erfahrungen bis zum Bundesarbeitsgericht.
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